Der Architekt Eilfried Huth war vor fünfzig Jahren gemeinsam mit seinem Partner Günther Domenig an der Ausstellung trigon 67 beteiligt – und ist auch bei der Neuauflage trigon 67/17 wieder dabei. Ein Gespräch über die Unterschiede zwischen damals und jetzt, Kunst und Architektur und die Kontroverse über die Ausstellung 1967.
Kunst kann sein: jede produktive Tätigkeit des Menschen, die unsere fünf Sinne anspricht
Herr Huth, was war für Sie das Entscheidende bei der Arbeit als Architekt?
Das Entscheidende bei meiner Arbeit als Architekt war für mich stets, die mitbestimmenden Faktoren der gestellten Aufgaben zu untersuchen und zu verarbeiten. Auch gesellschaftspolitische Fragestellungen mit einzubinden, war mir immer wichtig. Es war ein Optimierungsverfahren mit einem für mich brauchbaren Ergebnis für den gestellten Auftrag. Wiederkehrende formalistische Selbstdarstellung war dagegen nicht mein vordergründiges Anliegen.
Welche Unterschiede sehen Sie zwischen damals und heute, was waren die Probleme und was sind sie heute?
Damals in den 1960er- und 70er-Jahren war das Problem für die Umsetzung der gestellten Aufgaben der große Personal- und Zeitaufwand für die analoge und manuelle zeichnerische Durcharbeitung von der Entwurfsskizze bis zum baureifen Plansatz. Das ist ein Unterschied zu heute. Heutzutage wird der Entwurfsgedanke einer gestellten Aufgabe einem CAD-Programm übergeben, der kurzfristige Prozess kontrolliert und der fertige Ausdruck außenstehenden Fachfirmen zur Detaillierung bis zur materialorientierten Baureife übergeben. Die Gestaltung der Objekte tendiert heute sehr oft zur kostenintensiven Beliebigkeit hochgespielter Selbstdarstellung.
Und was vermissen Sie heute im Vergleich zu früher?
Früher war die politische Anerkennung hoch und die Förderung von Kulturleistungen der Künstler, insbesondere der Architekten, auch bemerkenswert intensiv. Heute werden Meisterleistungen der Architekten, deren Projekte unser Stadtbild formen, bei der großspurigen Präsentation oft nicht einmal erwähnt.
Wie sieht es mit dem Verhältnis von Kunst und Architektur aus?
Kunst kann sein: jede produktive Tätigkeit des Menschen, die unsere fünf Sinne anspricht, mit einer persönlichen Positionierung und einer Bandbreite von der Banalität bis zum Erhabenen. Sie ist die Summe von Erkenntnissen unserer sinnlichen Wahrnehmung als ästhetisches Phänomen.
Wie sehen Sie das Verhältnis vom Menschen zur gebauten Umgebung?
Die gebaute Umgebung als Ergebnis zeitgeschichtlicher Aktivitäten der Gesellschaft mit all ihren Zwängen und Notwendigkeiten zwingt uns Menschen, uns einzuordnen und anzupassen; oder – wenn es möglich ist – zu selektieren, wo unserem Wohlempfinden entsprochen wird. Maßstab und Vielfältigkeit sind bestimmende Parameter.
1967 gab es eine große Kontroverse rund um die trigon-Ausstellung. Konnten Sie die Aufregung nachvollziehen? Und worum ging es Ihrer Meinung nach überhaupt?
Die große Kontroverse im lokalpolitischen Raum rund um trigon 67 kann ich erst heute richtig nachvollziehen, ging es doch um den Ausbruch aus einem scheinbar gefestigten Kunstverständnis, historisch belastet, es war eine Befreiung vom musealen Denken. Damals (1967) waren wir von der Aufgabe sehr begeistert. Die lokalpolitischen Anfeindungen haben wir mit Interesse wahrgenommen.
Wie war die Zusammenarbeit mit den verschiedenen Künstlern damals? Welche Rolle nahmen Sie und ihr Partner Günther Domenig ein?
Domenig und ich hatten zum einen die Aufgabe, mit Hilfe unserer Mitarbeiter und einer großen Zahl von Studenten den 15 geladenen Künstlern bei der Entwicklung ihrer Artefakte vor Ort zu helfen. Zum anderen lieferten wir mit einem neues Konzept der Ausstellungsform unter Einbeziehung des öffentlichen Raumes, der Festlegung der funktionellen Aufteilung und der Wegführung mit Hilfe temporärer Architektur den äußeren Rahmen von trigon 67. Es entstand ein gegenseitiges Durchdringen von Kunst und funktioneller Architektur.
War trigon 67 Ihrer Meinung nach bahnbrechend? Oder wurde die Ausstellung unter Umständen erst durch den Aufstand derart wegweisend?
trigon 67 war für uns ein wichtiger Zwischenschritt auf dem Weg von der Bergbau-Ausstellung in Leoben über das Restaurant Nord (Olympische Spiele, München 1972) bis zum Projekt Floraskin in Marokko 1972. Die öffentliche Aufregung damals war nur eine interessante Begleiterscheinung.
Wie ging es für Sie nach der trigon-Ausstellung weiter, hatten Sie noch weitere Aufträge aus der Kunst?
trigon 67 erzeugte international ein großes Echo. Das hat uns zwei Aufträge für die Olympischen Spiele in München und Berufungen zu Gastprofessuren eingebracht. Damals wurde der Architekt Günther Benisch, der Planer für die Olympischen Sommerspiele 1972, auf uns aufmerksam und beauftragte seine Mitarbeiter mit den Worten: „Holt mal die Artisten ran“. Das war von nun an ein geflügeltes Wort in unserem Büro. trigon 2017 hat die Durchdringung von Architektur und Kunst um eine kinetische Facette erweitert, die bei einigen Objekten der Ausstellung maßgeblich zur Attraktion beitragen. In der Architektur fand zur gleichen Zeit ein Weltkongress in Seoul statt – mit einem Schwerpunkt auf kinetische, klimaorientierte Architektur. Der Architekt Ernst Giselbrecht war als einziger österreichischer Vertreter dazu eingeladen – in den örtlichen Medien wurde das aber leider kaum wahrgenommen.